Kundenspezifische Steckverbinder: Wenn es etwas mehr sein darf - Verbindungstechnik - Elektroniknet

2023-02-28 13:42:50 By : Mr. Runner Wei

Elektronikentwickler stehen häufig vor einer umfangreichen Auswahl an verschiedenen Standardsteckverbindern. Und trotzdem kommt es immer wieder vor, dass keiner alle Anforderungen erfüllt. Doch auch bei kundenspezifischen Steckverbinderlösungen gibt es Einiges zu beachten.

Kundenspezifische Steckverbinderlösungen sind in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Durch die steigende Komplexität der Applikationen und die Miniaturisierung der Baugruppen, werden immer mehr kundenspezifische Lösungen benötigt, um die aktuellen Herausforderungen in der Elektronikindustrie zu bewältigen.

Elektronikentwickler stehen häufig vor einer umfangreichen Auswahl an verschiedenen Steckverbindern. Neben der Verbindungstechnik (Lötverfahren, Einpressen etc.) und der Kontaktanzahl spielen auch die Kontaktoberfläche und die physikalischen Eigenschaften des Isolierkörpers eine entscheidende Rolle bei der Auswahl des passenden Steckverbinders. Sobald diese technischen Parameter nicht mehr mit standardisierten Steckverbindern erreicht werden können, muss sich der Kunde mit einer kundenspezifischen Sonderlösung auseinandersetzen. Dies kann je nach Anforderung an den Steckverbinder sehr zeit- und kostenintensiv sein, wenn der passende Zeitpunkt verpasst wird.

Die Art der Kundenspezifizierung von Steckverbindern lässt sich grundlegend in zwei Kategorien einteilen. Einerseits in die modifizierte Variante eines Standardsteckverbinders, andererseits in die vollständige Neuentwicklung eines kundenspezifischen Steckverbinders (Bild 1).

Bei der modifizierten Variante gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, die in den meisten Fällen ohne größere Probleme von den Herstellern gelöst werden. Sowohl eine kundenspezifische Bestückung, bei der je nach Kundenwunsch einige Kammern des Isolierkörpers unbestückt bleiben, als auch eine individuelle Positionierung des Isolierkörpers bei Stift- und Buchsenleisten, bereitet den meisten Herstellern kein Kopfzerbrechen. Des Weiteren gehören auch kundenspezifische Kontaktbeschichtungen mit höheren Schichtstärken oder besonderen Beschichtungswerkstoffen in der Regel zu den Kernkompetenzen eines Herstellers von Leiterkartensteckverbindern. Häufig sind diese individuellen Kontaktbeschichtungen auch ohne neue Maschinen- und Werkzeugkosten realisierbar.

Demgegenüber können bei einem vollständig neuentwickelten Steckverbinder sowohl Werkzeug- und Maschinenkosten als auch hohe Entwicklungskosten entstehen – je nach Komplexität des neuen Steckverbinders. Zusätzlich zu den meist hohen Werkzeug- und Entwicklungskosten kommt auch noch der Faktor Zeit ins Spiel. Ein von Grund auf neuentwickelter Steckverbinder benötigt – je nach Komplexität und Prüfanforderungen – mehrere Monate bis hin zu einigen Jahren. Insbesondere wenn neue Isolierkörper- materialien, Kontaktbeschichtungen oder Kontaktwerkstoffe verwendet und qualifiziert werden müssen. Dies sollte der Kunde bzw. Projektleiter in seinem Meilensteinplan berücksichtigen.

Die Anwendungsgebiete von kundenspezifischen Steckverbindern sind sehr vielfältig. Neben der Automobilbranche, der Bahntechnik sowie der Luft- und Raumfahrt finden sich auch in der Medizintechnik, Messtechnik oder auch der Audiotechnik immer mehr eigens auf die Kundenapplikation zugeschnittene Steckverbinder. Besonders bei der Messtechnik und der Medizintechnik werden hochpräzise und störungsfreie Steckverbinder benötigt, die unter jeglichen Voraussetzungen und Umgebungsbedingungen ihren Zweck erfüllen müssen.

Grundlegend sind die meisten Leiterkarten-Steckverbinder sehr variabel einsetzbar und nicht auf spezielle An- wendungsgebiete beschränkt. Jedoch lassen sich einige Steckverbinder besser für die entsprechende Kundenanwendung modifizieren bzw. anpassen als andere. Beispielsweise können Stift- und Buchsenleisten deutlich variabler modifiziert werden als Bandkabelsteckverbinder oder I/O-Steckverbinder. Das Anwendungsgebiet wird häufig auch durch entsprechende Prüfnormen wie beispielsweise die LV 214 oder die IEC 60512 vorgegeben bzw. gegengeprüft.

Um eine automatengerechte Bestückung gewährleisten zu können, sind entsprechende Verpackungsformen nötig. Besonders durch den steigenden Automatisierungsgrad bei Leiterkartenbestückern führt mittlerweile kaum noch ein Weg an Verpackungsoptionen für die automatisierte Bestückung vorbei (Bild 2). Diese Verpackungen sind Tape & Reel oder auch Stangenmagazine. Das Interesse bzw. die Nachfrage nach Tape & Reel bei kundenspezifische Sonderlösungen ist ungebrochen. Im Besonderen werden Großprojekte aus der Automobilbranche oder der Luft- und Raumfahrt bereits in der Prototypenphase mit der Verpackungsoption Tape & Reel eingeplant, um nachträgliche Verzögerungen zu vermeiden. Dabei spielt die Kundenspezifizierung nur bedingt eine Rolle.

Grundvoraussetzung für die Erstellung eines kundenspezifischen Blistergurtes ist die zu erwartende Menge an Steckverbindern und nicht die Art der Kundenspezifizierung. Da es sich beim Tape & Reel um einen tiefgezogenen Blistergurt handelt, der auf die Geometrie des Steckverbinders angepasst wird, sind dem Hersteller kaum Grenzen gesetzt. Im Gegensatz dazu gibt es bei Stangenmagazinen typische Geometrien, die häufig für SMD-Steckverbinder verwendet werden. Dadurch lassen sich die Stangenmagazine nur bedingt variabel anpassen oder bereits vorhandene Stangenmagazine für kundenspezifische Ausführungen verwenden. In diesen Fällen wird eine neue Geometrie für das Stangenmagazin entwickelt und hergestellt. Durch die Fertigung der Steckverbinder am Standort Lüdenscheid kann Fischer Elektronik Anpassungen bzw. Kundenspezifizierungen bei den Verpackungsmaterialien und Steckverbindern auch kurzfristig umsetzen.

Die Vorteile eines kundenspezifischen Sondersteckverbinders liegen einerseits in der zu 100 Prozent passgenauen Lösung des Kundenproblems, andererseits in einer individuellen Lösung, die Marktbegleiter nicht so einfach kopieren können. Zusätzlich gibt es in einigen Fällen die bereits erwähnte Option, einen Standardsteckverbinder nach Kundenwunsch zu modifizieren. Dabei entstehen meist keine erhöhten Kosten für den Kunden.

Die Nachteile bei vollständig neuentwickelten Sonderlösungen liegen in den hohen Werkzeug- und Maschinenkosten. Des Weiteren muss der Kunde mit hohen Stückzahlen planen, um eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung von den Steckverbinderherstellern angeboten zu bekommen. Als letzten Nachteil ist der Faktor Zeit zu nennen. Neben der erhöhten Fertigungszeit steigt auch die Entwicklungszeit inklusive einer ausgedehnten Prototypenphase bei der Erstellung von neuen Werkzeugen.

Abschließend lässt sich festhalten, dass kundenspezifische Steckverbinder sowohl Fluch als auch Segen sein können. Hinter der hohen individuellen und passgenauen Gestaltung des Steckverbinders können sich hohe Werkzeug- und Entwicklungskosten verstecken. Zusätzlich können hohe Entwicklungs- und Lieferzeiten auf den Kunden zukommen, je nach Anforderung an den Steckverbinder.

Jedoch können gerade modifizierte Standardsteckverbinder die Lösung des Kundenproblems darstellen, indem ein vorhandener Standardsteckverbinder mit leichten Anpassungen gefertigt wird und der Kunde somit in einem kurzen Zeitraum die benötigten Steckverbinder erhält.

ist leitender Entwicklungsingenieur für Steckverbinder bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid.

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