Polymer- und Hybridkondensatoren: Lebensverlängernde Bauteile - Passive - Elektroniknet

2023-02-28 13:41:23 By : Ms. Vicky Jiang

Bei Kondensatoren sind in den vergangenen Jahren einige neue Technologien hinzugekommen. Doch was bringt das? Im Folgenden geht es darum, welche Vorteile Polymer- und Hybridkondensatoren für industrielle Anwendungen mitbringen und wie sich damit die Lebensdauer der Systeme verlängern lässt.

Einer für alle, alle für einen? »One fits all«-Lösungen klingen zwar auf den ersten Blick verlockend, versprechen sie doch weniger Aufwand beim Design-in und optimierte Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO). Die Auswahl des optimalen Kondensators für industrielle Anwendungen erfordert jedoch eine klare Definition der individuellen Anforderungen und den Abgleich mit den Spezifikationen der infrage kommenden Komponenten. Dieses Segment der Bauelemente hat sich in den vergangenen Jahren enorm vergrößert durch die Weiterentwicklung der Kondensatorkonstruktionen, speziell im Hinblick auf die Fortschritte im Bereich der leitfähigen Polymere.

Bei einem Polymerkondensator besteht der Elektrolyt aus leitfähigen Polymeren, während bei einem Hybridkondensator noch ein flüssiger Elektrolyt hinzukommt. Sie bieten einen Performance-Vorteil gegenüber herkömmlichen Elektrolyt- und Keramikkondensatoren hinsichtlich ihrer elektrischen Eigenschaften, Stabilität, Langlebigkeit, Verlässlichkeit, Sicherheit und damit in Summe der gesamten Lebenszykluskosten.

Die vier Hauptvarianten der Polymerkondensatoren unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Elektrolyt- und Elektrodenmaterialien, Gehäuse und Anwendungsziele.

Bei ihnen bildet ein leitfähiges Polymer den Elektrolyten und sie verfügen über eine Aluminiumkathode. Je nach Modell decken diese Kondensatoren einen Spannungsbereich von 2 bis 6,3 V ab und bieten Kapazitäten zwischen 2,2 und 820 μF.

Besonders überzeugend ist dabei der niedrige äquivalente Serienwiderstand (Equivalent Series Resistance, ESR). Bei Panasonic zum Beispiel verfügen einige Bauteile der SP-Cap-Reihe über ESR-Werte von 3 mΩ. Diese geschichteten Polymerkondensatoren, die als kompakte oberflächenmontierbare Bauelemente in einem Gießharz verpackt sind, haben ein niedriges Profil. Aufgrund dieser elektrischen Eigenschaften und ihres kleinen Formfaktors eignen sie sich vor allem für den Einsatz bei tragbaren elektronischen Geräten oder Anwendungen, die einen flachen Kondensator erfordern, der nicht mit einem nahe gelegenen Kühlkörper kollidiert.

Diese basieren auch auf leitfähigen Polymeren mit einer Aluminiumkathode, allerdings ist die Folienstruktur gewickelt. Der Vorteil solcher Polymerkondensatoren liegt darin, dass sie mit 2,5 bis 100 V und 3,3 bis 2700 μF einen größeren Spannungs- und Kapazitätsbereichs abdecken. Die ESR-Werte der OS-CON-Kondensatoren von Panasonic beispielsweise liegen bei unter 5 mΩ. Der SMT-Wickelkondensator ist jedoch nicht ganz so kompakt wie der Schichtkondensator, weshalb er vor allem im Bereich der Stromversorgung Anwendung findet.

Diese verwenden anstelle des Aluminiums Tantal als Kathodenmaterial sowie ein leitfähiges Polymer als Elektrolyt. Einen ESR-Wert von 5 mΩ bieten die POSCAP-Kondensatoren von Panasonic. Sie decken mit 2 bis 35 V und 3,9 bis 1500 μF weniger breite Spannungs- und Kapazitätsbereiche ab als die gewickelten Polymerkondensatoren, sind dafür deutlich kompakter und zusätzlich in verschiedenen Größen erhältlich.

Diese Bauelemente kombinieren einem flüssigen Elektrolyten mit einem leitfähigen Polymer sowie Aluminium als Kathodenmaterial. Dieser technologische Ansatz kombiniert mehrere Vorteile: Das Polymer bietet eine hohe Leitfähigkeit und einen entsprechend niedrigen ESR. Der flüssige Anteil des Elektrolyts hingegen kann hohen Spannungen standhalten und bietet aufgrund seiner großen effektiven Oberfläche höhere Kapazitätswerte. Der Spannungsbereich der Hybridkondensatoren liegt bei Werten zwischen 25 bis 80 V, die Kapazitäten zwischen 10 und 1000 μF. Zwar ist der ESR mit 8 bis 120 mΩ höher als bei anderen Varianten von Polymerkondensatoren, aber immer noch sehr niedrig – zumal Hybridkondensatoren vor allem bei Applikationen mit höherer Leistung zum Einsatz kommen.

Unterstützung bei der Auswahl der für ihre Anwendung passenden Kondensatoren erhalten Kunden bei Schukat electronic, einem langjährigen europäischen Distributor von Panasonic. Dabei profitieren sie von direkten, spezialisierten Ansprechpartnern, einer raschen Bearbeitung ihrer Anfragen sowie der Bereitstellung von Datenblättern und Mustern. Vom automatisierten Logistikzentrum in Monheim am Rhein aus ermöglicht der Distributor zudem eine hohe Verfügbarkeit für den kurzfristigen Bedarf auch bei großen Volumen. Die Polymer- und Hybridkondensatoren von Panasonic sowie weitere Produkte des Herstellers sind ab Lager erhältlich.

Unabhängig von den Unterschieden hinsichtlich verwendeter Materialien und Konstruktion verfügen die genannten Typen von Polymerkondensatoren über eine Reihe von elektrischen Eigenschaften, die vor allem dann erforderlich sind, wenn es um Effizienz und Leistung gepaart mit Lebensdauer und Verlässlichkeit geht.

Die niedrigen ESR-Werte bei Polymerkondensatoren sorgen für eine niedrige Impedanz in der Nähe des Impedanzminimums (Bild 5) und reduzieren die Brummspannung (Ripple). Bei Vergleichstests von Polymerkondensatoren mit herkömmlichen Tantalkondensatoren mit niedrigem ESR-Wert sank die Brummspannung um das Fünffache

➔ Stabile Kapazität über Spannung und Temperatur

Ändern sich Betriebstemperatur oder DC-Vorspannung (DC-Bias), verändern MLCCs mit Typ-2-Keramik ihre Kapazität. Durch diese Kapazitätsverluste von teils 90 Prozent kann die Leistungsfähigkeit der Gesamtschaltung erheblich sinken. Polymerkondensatoren haben diese Einflüsse nicht und bleiben stabil (Bild 6).

Damit eignen sie sich besonders für Industrie- und Automobilanwendungen, wo die Betriebstemperatur häufig schwankt. Selbst bei hohen Frequenzen und niedrigen Temperaturen behalten Hybridkondensatoren ihre Kapazität bei, während die Kapazität von herkömmlichen Kondensatoren mit flüssigem Elektrolyten sinken würde (Bild 7).

Kurzschlüsse und Ausfälle stellen bei herkömmlichen Elektrolytkondensatoren ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Sie entstehen, wenn durch elek- trische oder mechanische Spannungen Defekte oder Unterbrechungen in der Oxidschicht – dem Dielektrikum des Kondensators – auftreten. Polymerkondensatoren lösen dieses Problem, weil sie die Fähigkeit zur Selbstheilung besitzen. Initiiert wird diese durch die Reaktion auf die Joule-Erwärmung, die auftritt, wenn ein dielektrischer Defekt einen Kurzschluss auslöst. Durch die Erwärmung wird die Molekülkette des leitfähigen Polymers in der Nähe des Defekts unterbrochen, was den Widerstand des Polymers in die Höhe treibt und den elektrischen Strom unterbricht, der aus der Elektrode austritt (Bild 8).

Über einen zusätzlichen Selbstheilungsmechanismus verfügen Hybridkondensatoren: Um das Aluminium zu reoxidieren, verursacht der flüssige Elektrolyt einen Stromfluss in der Nähe des Defekts.

Diese höhere Sicherheit wirkt sich auch positiv auf die Konstruktion und damit verbunden die Kosten der Komponenten aus: Um fehlende Performance wegen des Deratings der Spannung um 30 bis 50 Prozent bei Tantalkondensatoren auszugleichen – was nötig ist, um einen sicheren Betrieb zu ermöglichen – müssen diese Kondensatoren größer ausfallen. Damit steigt auch ihr Preis. Anbieter wie Panasonic garantieren bei ihren Polymerkondensatoren jedoch einen möglichen Betrieb bei 90 Prozent der Nennspannung – eine essenzielle Eigenschaft, wenn Sicherheit, geringer Platzbedarf und Leistung zugleich gefordert sind.

Die kontinuierlich fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen erfordern ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und stabilen Leistungsparametern bei allen verwendeten Komponenten. Herkömmliche Elektrolytkondensatoren sind jedoch ein Sicherheitsrisiko. Denn sie neigen dazu, vorzeitig auszufallen, wenn ihr flüssiger Elektrolyt als Folge der hohen Betriebstemperaturen und langen Betriebszeiten verdampft. Die ist beispielsweise in Rechenzentren der Fall.

Eine mögliche Lösung sind konventionelle Tantalkondensatoren, die allerdings ein Derating erfordern, um einen Brand bei zu hohen Strömen zu vermeiden. Eine sinnvollere Wahl sind in diesem Fall gewickelte Polymerkondensatoren wie die Panasonic OS-CON-Reihe: Sie haben keinen flüssigen Elektrolyten und verfügen daher über eine lange Lebensdauer. Aber auch die Polymer-Tantalkondensatoren der POSCAP-Serie können eine passende Option darstellen, da sie in ihrer Formulierung ohne Sauerstoff auskommen und dadurch bei einem Ausfall weniger entzündlich sind. SP-Caps haben ein ähnlich günstiges Ausfallverhalten, zudem bündeln sie eine kompakte Größe, niedrigen ESR und hohe Brummstrom-Belastbarkeit. Dadurch eignen sie sich dafür, die Lebensdauer und Zuverlässigkeit von IT-Geräten, wie etwa Servern, Switches, Routern oder Modems, zu verbessern.

Das Fortschreiten des IIoT macht es unter anderem nötig, immer mehr Elektronik in industriellen Anwendungen einzubinden, was den Bedarf an robusteren Kondensatorlösungen antreibt. Diese Applikationen finden sich häufig in anspruchsvollen Betriebsumgebungen, für die herkömmliche Kondensatortechnologien, wie z. B. Aluminium-Elektrolytkondensatoren, ungeeignet sind.

Polymerkondensatoren lösen diese Herausforderung durch die Kombination aus langer Lebensdauer, niedrigem ESR, hoher Brummstrom-Belastbarkeit, hohen Spannungs- und Kapazitätsbereichen und vor allem einer hohen Stabilität über einen weiten Temperaturbereich. Industrielle Anwendungen, die von fortschrittlichen Polymer- und Hybridkondensatoren profitieren, sind unter anderem Motorantriebe, Wechselrichter und Spezialbeleuchtungen sowie Steuerungsanwendungen. Da diese Kondensatoren zudem einen kompakten Formfaktor aufweisen, ist es einfacher, sie in industrielle Steuersysteme zu integrieren.

Ihre verlässliche und sichere Funktion sorgt dafür, dass Polymerkondensatoren auch bei elektronischen Anwendungen im Automobilbereich immer öfter eingesetzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass sie die spezifischen Anforderungen der Fahrzeughersteller hinsichtlich AEC-Normen, Herstellung in einer TS16949-zertifizierten Produktionsstätte sowie dem Produktionsteil-Genehmigungsverfahren (Production Part Approval Process, PPAP) erfüllen.

Im Zuge der Automatisierung elektronischer Komponenten und höherer Schaltfrequenzen vieler elektrischer Geräte haben Hybridkondensatoren an Bedeutung gewonnen. Ihre besonderen Vorteile sind die stabilen elektrischen Eigenschaften bei hohen Frequenzen und die kompakte Baugröße: Oberflächenmontierte Hybridkondensatoren von Panasonic mit einer Größe von 5,0 × 5,8 mm können 35 V verarbeiten und bieten eine Kapazität von 33 μF. Das Anwendungsbeispiel einer 48-V-Stromversorgung zeigt, dass der Platzbedarf von Hybridkondensatoren auf der Leiterplatte um 87 Prozent geringer ist als beim herkömmlichen Aluminium-Elektrolytkondensator.

Der Formfaktor allein gibt natürlich nicht den Ausschlag für die Auswahl eines Kondensators, sondern dazu gehört auch die Zuverlässigkeit unter schwierigen elektrischen Bedingungen und in einer anspruchsvollen Betriebsumgebung. Im direkten Wettbewerb zwischen Hybrid- mit gleichwertigen Aluminium-Elektrolyt- und Polymerkondensatoren zeigt sich die Überlegenheit der Hybride: Sie sind zuverlässiger und beständiger gegenüber Feuchtigkeit. Zudem verfügen sie über eine deutlich höhere Toleranz gegenüber großen Brummströmen, Einschaltströmen und erhöhten Temperaturen (Bild 9).

Die Summe dieser Eigenschaften senkt trotz der höheren Bauteilkosten eines Hybridkondensators die Gesamtbetriebskosten: Allein, weil er höhere Brummströme tragen kann, lassen sich die Kosten um 20 Prozent reduzieren, da der Kondensator eine längere Lebensdauer hat. Bei dem Beispiel der 48-V-Stromversorgungsanwendung lagen die Gesamtbetriebskosten mit Hybridkondensatoren um 50 Prozent unter denen der entsprechenden Aluminium-Elektrolytkondensatoren, da in diesem Fall zusätzlich die Einsparungen durch geringere Platinen- und Garantiekosten berücksichtigt wurden. Damit eignen sich die Hybridmodelle besonders für Anwendungen wie Computer, Back-up-Geräte und Netzwerk-Equipment sowie bei Industriemotoren, Motorsteuergeräten für Kraftfahrzeuge, Sicherheitskameras und LED-Beleuchtungen.

Kontinuierliche Verbesserungen machen Polymer- und Hybridkondensatoren bereits jetzt zu einer attraktiven Alternative zu den bisherigen Tantal-MnO2- und Vielschicht-Keramikkondensator-Technologien (Multi Layer Ceramic Capacitor, MLCC). Kommende Entwicklungen hinsichtlich der elektrischen Eigenschaften und der Baugröße werden diese Tendenz weiter stützen. So sind bei Panasonic Modelle mit noch niedrigerem ESR (2 mΩ), höheren Kapazitätswerten und einer weiteren Spannungsabdeckung (z. B. 100 V) bei kleineren, oberflächenmontierbaren Gehäusen in der Planung.

ist Product Manager PEMCO bei Schukat electronic.

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